1. Vom Wunsch zur
Potenzialanalyse
Am Anfang steht immer ein grosser Wunsch oder Ziel.
Inspiration1, Rest des Videos__ Giant
Eine sorgfältig analysierte und schonungslos ehrliche
Gegenüberstellung der gegebenen Voraussetzungen (z.B.
Körper, Umfeld, Psyche) mit den Zielsetzungen muss dann
zeigen, ob es eine realistische Chance gibt mit rekrutierbaren Mitteln
dieses Ziel zu erreichen. Kommt man mit dieser Analyse zum Schluss,
dass das Potenzial für die Ziel-Erreichung vorhanden ist, dann
lohnt es sich in die Realisierung des Vorhabens Zeit, Energie und
Mittel zu investieren.
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2. Karrierenplanung
Als nächstes gilt es dann in Zusammenarbeit mit dem Athleten
eine
Zielformulierung und einen langfristigen Plan zu vereinbaren. Man
erstellt eine sogenannte Karrierenplanung, also eine Visualisierung der
wichtigsten Lebensbereiche wie Wettkampfziele, berufliche / schulische
Laufbahn und weitere Bereiche in einem langfristigen Prozess. Beispiel
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3. Planungsgrundlagen: Voraussetzungen, Mittel,
Möglichkeiten
Zunächst
muss man im Sinn einer Standortbestimmung schauen, was im Umfeld des
Athleten (Training, Berufliches, Privates) als gegeben betrachtet
werden muss und was veränderbar ist.
In einem zweiten Schritt geht es darum, innerhalb der
veränderbaren Rahmenbedingungen für den konkreten
Athleten sinnvolle Massnahmen zu finden.
Das Studium der Planungen der besten Athleten bringt einen hier meist
nicht unbedingt weiter. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen.
Beispielsweise habe ich festgestellt, dass ich nicht
Trainingspläne der erfolgreichen Speerwurfgruppe in Potsdam
anwenden könnte, weil die mit 14h Schule und 20h Training pro
Woche ganz andere Voraussetzungen haben, als Nathalie mit 21h Arbeit,
8h Schule und 14h Training pro Woche. Dies schlägt sich auf
alle möglichen Bereiche nieder: Umfänge,
Leistungs-Zubringer, Wettkampfanzahl, und vieles mehr.
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4. Jahresplanung
Das Wissen zur Erstellung einer Jahresplanung und zum Umgang mit
Rahmentrainingsplänen eignet man sich im Rahmen eines
Leiterkurses an.
RTP's: Trainerbulletin RTP Wurf ¦ Übersicht RTP Wurf Swiss Athletics
Beispielplanung:
Trainer
B-Musterplanung von Michaël Duc (frz)
Excel-Vorlagen: Jahresplanungs-Template (ergänztes Tool von Rolf Weber,
Hürden) ¦ Jahresübersicht
und Wochenplan 2012
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5.
Ein- oder zweigipflig planen?
Eine
wichtige Frage bei
der Periodisierung der Jahresplanung: Soll man eine eingipflig oder
eine zweigipflig planen, also die Wettkampfform auf einen oder auf zwei
Zeitpunkte hin planen? Wie so oft gibt es auch hier keine absolut
gültige Antwort. Man muss es den Rahmenbedingungen und
Zielsetzungen anpassen. Auf Basis des Studiums der nachfolgend
genannten Literatur sowie aus meiner eigenen Erfahrung als Nachwuchs-
und Leistungssporttrainer ergab für mich folgende Antwort: im
Kindes- und Jugendalter soll entweder eingipflig oder je nach
Disziplinkonstellation bestenfalls eine Mischplanung gemacht werden -
aber keine zweigipflige. Hauptgrund ist, dass im Nachwuchsbereich die
Erarbeitung der konditionellen aber auch technischen Grundlagen einen
vorrangigen Stellenwert haben müssen. Später im
Hochleistungsalter (ab ca. 22 Jahren) kann dann durch das Umstellen auf
eine zweigiplfige Planung ein viel besserer Zuwachs erzielt werden, als
wenn man diese Massnahme leichtfertig bereits im Jugendalter ausspielt.
Unter diesem Aspekt sind Winterwurfmeisterschaften wie es sie in
Deutschland oder Frankreich gibt nicht wirklich als sinnvolles Angebot,
für den Nachwuchsbereich zu sehen, da sie den Aufbau der
Grundlagen in einem wichtigen Zeitpunkt unterbrechen. Paradox deshalb,
warum im DLV Rahmenplan (siehe unten) eher ein Grundtenor für
die
eingipflige Planung herauszulesen ist. Auch haben sich die
Organisatoren der Europäischen Winterwurfchallenge wohl etwas
dabei überlegt, dass sie keine U20 oder noch jüngere
Werfer
für den Winter-Grossanlass einladen.
Der finnische Spitzentrainer Hannu Kangas erzählte mir in
einem
Gespräch im März 2014, dass in seinem Land (wo die
Dichte an
guten Speerwerfern weltweit am höchsten ist) im Winter keine
Wettkämpfe bestritten werden. Die Finnen trainieren im
Februar/März meist Würfe aus kurzen bis mittleren
Anläufen in der Halle.
Und der ehemalige Spitzenwerfer Aki Parviainen beantwortete im November
2014 an der 3rd WJC, dass er selber auch immer eingipflig trainiert hat
und das auch mit seinen Schützlingen (Ruuskanen, etc) so
hält. Begründet hat er's mit grösserer
Verletzungsgefahr, fehlendem Angebot und besseren
Aufbaumöglichkeiten.
Hingegen ist auffällig, dass die Deutschen (starke
Winterwurf-Tradition) insbesondere bei den Männern mit sehr
vielen
verletzungsbedingten Ausfällen kämpfen und das im
Kader als
eines der grösseren Probleme ansehen..
Wichtigste Artikel zum Thema Periodisierung im Wurf:
- Optimales
Training, Weineck, S. 61 - 65
- Laufen
Springen Werfen, Jonath, S. 184 und 97
- DLV
Rahmenplan Jugendleichtathletik Wurf, 2013
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6. Flexible
Formsteuerung - Überprüfen und individuelles Anpassen
Die
Planung von Training und Wettkämpfen für
Heranführen an
die bestmögliche Leistung eines Athleten zum
Jahreshöhepunkt
ist individuell aufgrund der Voraussetzungen zu bestimmen. An einem
Grossanlass gewinnt (gottseidank!) nicht per se der
leistungsstärkste Athlet, sondern derjenige der mittels
Formsteuerung am besten auf dem Peak gebracht wurde und unter den
gegebenen situativen Umständen am Tag X die höchste
Leistung
abrufen kann.
Eine gute Formsteuerung gründet auf eine sehr flexible,
möglichst individuell und aktuell auf die
gegenwärtigen
Verhältnisse abgestützte Planung. Dies muss in sehr
enger
Zusammenarbeit von Athlet und Trainer passieren. Unabdingbar
für
die flexible Anpassung sind: Nachbereitung der Trainings, Feedback vom
Athleten verlangen, Athleten müssen ein gutes
Körpergefühl entwickeln
.
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7. Planung und Vorbereitung eines Grossanlasses
Die erfahrungsgemäss noch grössere Herausforderung
ist es
dann, die Leistung unter nicht gewohnten Voraussetzungen zu bringen.
Das kann und muss man als Trainer auch langfristig planen und aufbauen:
die sogenannt variable Verfügbarkeit ist trainierbar! Es
beginnt
damit, dass man beispielsweise auch mal im Regen und garstigen
Wetterverhältnissen trainiert (vgl. hierzu: Klaus Wolfermann,
Speerwerfen oder auch die praxisorientierten
Mentaltrainingsbücher
von Hans Eberspächer).
Im nächsten Schritt können dann Auslands-Starts im
grenznahen Ausland mit Anreise am Vortag sehr wertvolle Erfahrungen:
fremdes Essen, fremdes Bett, andere Vorbereitungszeiten und -routinen,
fremdes Kampfgericht (Sprache, Abläufe, evt. Regeln).
Die Adaption der zu erwartenden situativen Rahmenbedingungen am
Grossanlass, z.B. punkto Klima und Startzeit in die
Planungsüberlegungen bildet dann die letzte Stufe. Genau diese
Erfahrungen führen zu situativer Flexibilität und
damit
Routine, die dem Athleten am Grossanlass Sicherheit und Selbstvertrauen
geben: der sichere Boden fürs Realisieren der Leistung -
jederzeit
und überall. |
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