Wie in jeder Disziplin der Leichtathletik hat auch im Speerwerfen die
Kraft eine zentrale Zubringerfunktion. Weit werfen kann nur, wer auch
über entsprechende Schnellkraftvoraussetzungen verfügt, die
mit der Technik dann freigesetzt werden können. Die in unserer
Disziplin benötigte Kraft ist aufgrund des leichten
Wurfgeräts und des langen Anlaufs im Vergleich zu den anderen
Würfen mehr in Richtung Schnelligkeit denn in Explosivität
ausgeprägt.
Maximalkraft Die
Schnellkraft und Explosivkraft wird aus der Maximalkraft heraus entwickelt. Die
Maximalkraft wird aus Effizienz- und Effektivitätsgründen vor
allem mit der Langhantel trainiert. Ich stelle fest, dass überall
in Finnland oder Deutschland mit 14 Jahren die Arbeit mit der Langhantel begonnen hat (und freilich vorher entsprechend
vorbereitet wurde). Besonders auch seit dem Besuch des Swiss Olympic Langhanteltrainer-Kurses
bei Martin Zawieja und Christian Thomas bin ich von der Wichtigkeit einer guten Ausbildung in diesem Bereich
überzeugt und lege jedem Schweizer Trainer mit Leistungs- oder
Spitzensportambitionen nahe, diesen Kurs zu besuchen.
Welches
die entscheidenden Übungen zum Aufbau der Maximalkraft für
Speerwerfer sind, darüber herrschen verschiedene Philosophien. Die
Übungen Kniebeuge und das Reissen werden in praktisch allen Ländern als Primärübung gemacht. Viele machen daneben konsequent Überzüge (Pullovers).
Die Deutsche Christine Obergföll bringt unglaubliche Leistungen im Nackenstossen als Basis mit. Die Übung Umsetzen
wird von manchen Trainern (z.B. Kangas) als Sekundärübung für die Explosivität
gemacht, von anderen (z.B. Ritschel) jedoch gänzlich weggelassen.
Auf das Bankdrücken
als Top-Übung schwört beispielsweise Andreas Thorkildsen. Dem steht wiederum
gegenüber, dass der 90m Kenianer Julius Yego in dieser
Übung lediglich auf 95kg komm (Stand: 2014)t...kann Bankdrücken darum
wirklich leistungsrelevant fürs Speerwerfen sein?
Interessant, wenn auch mit Vorsicht zu geniessen sind die Zubringerwerte-Empfehlungen von Ihalainen, Poppé oder Borgström, welche einen ungefähren Zielwert aufzeigen, welche Leistungsstufe welche Übungswerte anstreben sollte.
Umsetzung in die spezielle Schnellkraft Viele
Trainer suchen im Netz praktisch nur im Bereich der speziellen
Schnellkraft nach DEN bahnbrechenden Übungen, die sie entscheidend
weiterbringen sollen. In den allermeisten Fällen läge jedoch im
Bereich der Maximalkraft die grössere Reserve brach, weshalb ich
empfehle, immer zuerst im Maximalkraft-Bereich nach Optimierung zu
suchen, bevor zu viel Hoffnung auf spezielle Schnellkraftübungen
gelegt wird.
In Deutschland wird viel Klimbim um sogenannte KTG's (Krafttrainings-Geräte) gemacht, das sind
an Schienen befestigte, einige Kilogramm schwere Speerwurfgriffe, die von einem Hocker sitzend in
flachem Winkel nach oben beschleunigt werden. Ich persönlich bin
eher skeptisch, weil das Werfen aus der Rotation eine sehr komplex eben
gerade auch mit Hüfte und Beinen verkettete Ganzkörperbewegung ist und diese
Wurfmaschinen diesem Umstand keine Rechnung tragen: es sind primär
Geräte für Arm/Oberkörper. Viel eher setze ich wie die Finnen auf Würfe mit verschiedenen
Bällen, Stäben und Gewichten, wo möglichst viele
Teilketten-Bewegungen einer
diagonalen Drehstreckung mit Armschleuder unter Beteiligung des ganzen Körpers beteiligt sind.
"Gerade
die Speerwurf-Mädchen in der Schweiz ab dem 14. Altersjahr
(d.h. ihre Trainer) verpassen es, den Einstieg ins Krafttraining
rechtzeitig zu machen. Bei uns passiert der Schritt ins strukturierte
Krafttraining häufig zu spät und zuwenig
konsequent...oder gar nicht! Viele begegnen dem Langhanteltraining mit
Unsicherheit und wers nicht aus eigener Erfahrung kennt, der hat
-mangels Ausbildung- oft Einstiegsschwierigkeiten oder gar Berührungsängste.
Dies -und nicht etwa ein Mangel an Talenten- ist meiner Meinung nach
einer der Hauptgründe, warum es so wenig international
konkurrenzfähige schweizer Speerwerferinnen gibt"
Feststellungen
- im Ausland bestehen viel weniger Berührungsängste
mit Krafttraining als in der Schweiz
- die Finnen und die Deutschen beginnen allgemein mit ca. 14j mit strukturiertem,
regelmässigem Krafttraining
- Reinhold Paul (GER): "All meine guten WerferInnen begannen mit 13j
(spätestens 14j) mit stufengerechtem Krafttraining!"
- die englische U16-Rekordhalterin Freya Jones begann mit 14 Jahren mit
dem Aufbau der klassischen Freihantelübungen
- insbesondere beim Langhanteltraining ist in der Schweiz noch viel
Angst/Unsicherheit und z.T Unwissenheit feststellbar
Eine der besten und
zugleich einfachsten und naheliegendsten (Wurf-)Kraftübungen
Verschiedene
Gewichte werfen
Normalerweise
etwa 30-50 Würfe
In der
Wettkampfvorbereitung könnens auch etwas mehr sein
Ausgangslage:
Auf dem Rücken liegen. Ein Bein anwinkeln.
Angewinkeltes
Bein ohne Winkeländerung nach aussen und innen bewegen
Nur aus dem
Beinrotator arbeiten! Nicht mit der Hüfte mitdrehen!
Erfahrungswerte:
min. 2x 20x sauber; dann mit Gewichtsmanschetten steigern
Diese Kraft
ist zwingende Voraussetzung, um beim Setzen des Druckbeins mit dem Knie
sofort nach vorne weiterarbeiten zu können. Wer beim Setzen
des Druckbeins mit dem Bein kurz nach hinten ausweicht, bevor das
Eindrehen nach vorn beginnt, ist mit dieser Übung gut beraten!
Ausgangslage:
Seitlich liegend / in der Hand eine Hantel (z.B. 2 oder 3kg)
Angewinkelten
Arm von unten nach oben rotieren
Nicht mit
dem Körper mitdrehen! Nur aus dem Arm heraus arbeiten!
Erfahrungswerte:
min. 20x sauber ausgeführt pro Seite sollten möglich
sein
Diese
spezifische Kraft ist nötig, um u.a. beim nach-vorne-drehen
des Ellbogens bei der Wurfarmbewegung ein ungesundes laterales
Überrotieren zu verhindern.
Ausgangslage: Bauchlage in
der Hand eine Hantel (z.B. 2 oder 3kg)
In 90 Grad vom
Körper abgewinkeltet Arm aussenrotieren
Schulter möglichst
immer an derselben Stelle lassen (nicht zu sehr absinken)
Aufbau über
Kraftausdauer (3-5x 20-30x), dann MQ mit weniger Umfang/mehr Gewicht
Diese
spezifische Kraft ist nötig, um beim nach-vorne-drehen des
Ellbogens bei der Wurfbewegung ein ungesundes laterales
Überrotieren absorbieren zu können
Ausgangslage:
Rückenlage in der Hand eine Hantel (z.B. 2 oder 3kg)
In 90 Grad vom Körper
entfernt abgewinkelten Arm innenrotieren
Aufbau über
Kraftausdauer (3-5x 20-30x), dann MQ mit weniger Umfang/mehr Gewicht
Diese spezifische Kraft
ist nötig, um beim nach-vorne-drehen des Ellbogens bei der
Wurfbewegung ein ungesundes laterales Überrotieren absorbieren
zu können.
Slingtrainer-Übungen
Der
Slingtrainer ist ein Seil-Schlaufen-Tool, das wir für die
Verbesserung der Schulter- und Ellbogen-Stabi brauchen:
Mit oberem Bein
seitlich in der Schlinge eingehängt; Körper gerade
halten
Becken
seitlich auf- und abbewegen und mit Beinen schliessen - ohne
auszuweichen
Ziel: Kräftigung Brustmuskulatur und Trizeps
Ziel: Vorbereitende
Übung aufs Bankdrücken mit variierender Reiz-Setzung
Alternierende
Liegestütze rechts - mitte - links auf einem
Schwedenkastenoberteil
Kann auch
mit einer Hand auf einen Medizinball gestütz
ausgeführt werden (schwieriger)
Ziel: Schulterblatt-Fixatoren kräftigen (Antagonist zum
grossen Brustmuskel)
Ziel: Wichtige
Übung für die Haltungsmuskulatur
1.5 Fuss
lang von der Wand weg mit den Fersen
Ellbogen
seitwärts im rechten Winkel raus
Sich von der
Wand wegdrücken im Sekundentakt
Körperspannung
halten; nur sich von der Wand wegdrücken!
Spezifische Rumpf - Drehübungen
Hinweis vom
finnischen Speertrainer Kari Haimakainen (anlässlich
des Keihäskuolu 2008):
"Um die nötige spezifische Kraft fürs Speerwerfen zu
haben genügen die normalen GERADEN Rumpfkraft-Übungen
nicht. Wir müssen versuchen viele Formen der STRECKUNG MIT
DREHUNG zu finden und trainieren."
Partner fixiert wie
gezeigt die Beine des Übenden in Bauchlage (ein Bein
angewinkelt)
Der
Übende berührt nun die Gegenschulter des Partners (re
Hand - li Schulter)
Gehen
und immer in Drehrichtung des vorderen Beins den Oberkörper
rotieren
Gewicht:
ca. 10 - 20kg (Hantelscheibe, Medizinball, anderes...)
Variieren:
der Gegenstände / tiefe oder hohe Schritte / 1x oder mehrmals
drehen
wir
machens ca. 4-6x 30m weit
Mit
Oberkörper seitlich runter
Sitzend
auf Schwedenkasten; Füsse an Sprossenwand eingehängt
Möglichst
stark den Oberkörper drehen, ohne die Füsse vom Boden
zu lösen
An
Sprossenwand halten; Rumpf auf Kasten; Becken in der Luft
Beine
bis zum Anschlag runter - rauf - andere Seite
Vorteil:
Ausnutzung des ganzen Muskel-Bewegungsumfangs (Kräftigen+
aktiv Dehnen)
Ziel: Seitliche
Rumpfmuskulatur (brauchts u.a. fürs Blockieren beim Stemmen)
Helfer
unterstützt durch Druck auf gescherte Beine nach unten
Ginge
auch mit Beinen an Sprossenwand eingehängt (Knöchel
mit Tuch polstern)
Zuerst
ohne Gewichte bis ca. 20x möglich; dann mit Gewichten (hier
2x3kg)
Ziel: Kraft-Gymnastik obere gerade Wurfkette (Vordehnung und Wurf
Brustwirbelbereich)
An einen
Medizinball angelehnt einen Ball fassen und zurückwerfen
Möglichst
gestreckte Arme behalten (nicht im Ellbogengelenk knicken)
Vordehnung
im Brustwirbelbereich beim Fassen - "Schulterwurf" beim Werfen
"Schulter-Wurf" mit nahezu gestrecktem Arm nach vorne
Ziel: Kraft-Gymnastik obere gerade Wurfkette (Vordehnung und Wurf
Brustwirbelbereich)
Gerät:
2kg schwerer Gel-Ball
Gegen Wand
selbständig oder mit Zuwerfen durch Partner
Kann auch zu
Trainingsbeginn als Beweglichkeitsübung gemacht werden (z.B.
2x12x)
Einen
zugerollten Ball MIT GESTRECKTEN ARMEN nach vorne-unten werfen
Hauptimpuls
soll aus den Schulterbeweglichkeit der Oberarme entspringen
Arme nicht
knicken oder gar den Ball hinter den Kopf nehmen!!!
Hände
sind hinter dem Ball (nicht seitlich)
Mit
1kg-Medizinbällen beginnen und allmählich steigern
Je nach
Trainingsphase nun Gewicht und Anzahl variieren
Mit
gestreckten Armen aus den Schultern heraus nach unten
werfen
Keine Angst
wegen der Hohlkreuzposition...
Variante:
Ball via Boden zuprellen. Der Werfer hebt den Oberkörper
gleichzeitig mit dem nach oben prellen des Balles, fasst in der Luft
und wirft gleich wieder nach unten ab
Mit
gestreckten Armen aus den Schultern heraus nach vorne
werfen
Keine Angst
wegen der Hohlkreuzposition...
Variante:
Ball via Boden zuprellen. Der Werfer hebt den Oberkörper
gleichzeitig mit dem nach oben prellen des Balles, fasst in der Luft
und wirft gleich wieder nach vorne ab
Aktiv-schnellkräftiger
Ausfallschritt und Armstreckung
Unterarme
(Ellbogen) zeigen/arbeiten gerade nach oben
Etwas
über Schulterbreite fassen
Gerader
Rücken
Anschliessend
z.B. mit 5kg-Gymnastik-Stick weiterfahren
Später
mit leerer Hantelstange (8-12kg) oder Reckstange (8kg)
Aktiv-schnellkräftiger
Ausfallschritt und Armstreckung Unterarme
(Ellbogen) zeigen/arbeiten gerade nach oben
Gerader
Rücken
Kontrolle:
Hantel = zu
schwer: wenn nicht mehr mit Beinarbeit gleichzeitig
Hantel = zu
leicht: wenn Arme schneller als Beine oben oder ab Boden gesprungen wird
"Stabile"
Athleten beginnen mit 15-20kg (je nach Kraftniveau)
Raffaela
Wiesbeck (16j / 44m) macht das z.Zt. mit 55kg
Ab einem gewissen Gewicht kann man den Athlet von
der Belastung der Extensions-Bewegung beim Runternehmen durch
Betreuer-Hilfe entlasten. So kann mit noch mehr Gewicht gearbeitet
werden.Hier stemmt die 16jährige Nathalie
8x 62.5kg; das wäre ohne Hilfe für sie nicht mehr
möglich. Sie trägt einen Stützgurt und
Gewichtheber-Handschuhe.
Aktiv-schnellkräftiger
Ausfallschritt und Armstreckung Unterarme
(Ellbogen) zeigen/arbeiten gerade nach oben
Gerader
Rücken
Hilfestellung des Betreuers
Oben in der
Streckposition kurz sichern...
...und dann
die Hantel auf die Schultern runterheben
Nach oben
schlagen (nicht nach vorne)
Handgelenkzwick
am Schluss nach vorne
Kein
Hohlkreuz; Lendenwirbelsäule nach unten drücken
Alternativ/Einführend:
mit Kugelhanteln senkrecht gehalten
Nicht mit
normaler Langhantel-Stange machen, da dies sehr belastend für
Ellbogen wäre
Trizeps-Hantel
für den Speerwurf
Kosten: ca.
CHF 45.--
Bezugsquelle:
z.B. Tiedje-Sport
Verschiedene Ausführungen:
Keine Hocke!!! Im Unterschied zu den Deutschen, die das Reissen wie die
Gewichtheber mit einer Hocke vollziehen, machen die schweizer
Leichtathleten das Langhantel-Reissen aus Überzeugung mit
techniknahen Hüftwinkelstellungen.
Vorschwingen in der
Hüfte
Dies sei
wissenschaftlich erwiesen für Frauen die effektivste Form des
Speer-Reissens
Insbesondere
von den Werfern in Halle so ausgeführt (deshalb "hallensisch")
Problem:
Viele
Athleten kommen mit dieser Form nicht zurecht...warum auch immer